Interview mit Claudia Brücken von Onetwo, geführt von Peter Reiser im Februar 2007.
Onetwo sind eine neue, herausfordernde und theatralische Elektro-Pop-Gruppe bestehend aus 2 Musikern, die insgesamt fast 20 Millionen Plattenverkäufe mit Ihren ehemaligen Gruppen angehäuft haben und in Ihrer neuen Formation ihre ganze Erfahrung an Songwriting, Gesang, Programmierung und Darstellung mitbringen. Die eine Hälfte ist der Soundtüftler Paul Humphreys der legendären Orchestral Manoeuvres in the Dark —
Peter: Propaganda und OMD sind jedem, der die 80er irgendwie mitbekommen hat, ein Begriff. Wann und wie hast Du als ehemaliges Mitglied von Propaganda Paul Humphreys von OMD kennen gelernt und wie fandet Ihr musikalisch zusammen?
Claudia: Ich kenne Paul schon seit etlichen Jahren (1996). Ich habe damals an meinem zweiten Solo Album gearbeitet und habe Musiker gesucht die mit mir kollaborieren wollten. Paul hörte davon, wir trafen uns und probierten ein paar Ideen aus. Im Jahre 2000 wurde Paul gefragt ob er eine kleine OMD Tour in der US machen würde. Da Andy keine Zeit hatte, fragte Paul mich ob ich ihm aushelfen könnte und die Vocals von Andy zu übernehmen. Da habe ich natürlich sofort zugesagt. Als wir dann gemeinsam auf der Bühne standen wurde es uns klar, das es uns Spaß macht zusammen live aufzutreten und das sich unsere Stimmen ergänzen. Als die Tournee zu Ende war entstand die Idee zusammen eine Band zu gründen und Onetwo wurde geboren.
Peter: Was ist aus der Band Propaganda geworden und wie hast Du die letzten 20 Jahre musikalisch verbracht?
Claudia: Ich habe mich vor mehreren Jahren noch mal entschlossen an einem zweiten Propaganda Album zu arbeiten, leider war Ralf Dörper nicht dabei. Aus dem Projekt ist leider nichts geworden. Da spielten viele Faktoren eine Rolle. Ich lebe in London, Susanne in Hastings, Michael in Düsseldorf. Das macht die Sache schon schwieriger. Das Projekt hat sich so lange hinausgezogen …. da ist der Wind irgendwie rausgegangen. Ich habe so viele Lieder und Projekte in den letzten 20 Jahren gemacht. Unter anderem meine Band ACT mit Thomas Leer, mein Solo Album „love and a million other things”.
Peter: Ihr seid zurück von drei Auftritten in Südamerika. Wie hat das Publikum auf Euch reagiert. Was habt Ihr erlebt?
Claudia: Wir wurden wie Elektro-Royalty behandelt, das war wirklich klasse. Das Publikum war sehr aufgeschlossen für Onetwo aber sie wollten natürlich OMD Lieder hören, weil OMD noch nie in Südamerika aufgetreten sind. Da haben wir Ihnen gegeben was sie wollten. Wir spielten Songs wir „electricity”, „messages souvenier” und „forever live and die”. Wir haben fast unser ganzes Onetwo Album vorgestellt, was natürlich noch keiner kannte. Und auch wie beim Wave Gotik Treffen in Leipzig waren die Leute sehr aufgeschlossen und dafür das sie die Lieder noch gar nicht kannten, haben sie richtig gut auf sie reagiert. Wir haben auch Songs wie „Dr Mabuse”, „p-machinery” und „duel” gespielt. Bei „duel” ist das Publikum total ausgrastet. Die Energie war einfach fabelhaft. „duel” muss wohl ein Radiohit dort gewesen sein. Die Leute dort sind sehr warm und haben keine Angst sich gehen zu lassen. Das war eine einmalige Erfahrung.
Peter: Wie empfandest du bzw. ihr den gemeinsamen Auftritt auf dem letzt jährigen Wave Gotik Treffen, was ja quasi eine Live Premiere euer beider Persönlichkeiten war!?
Claudia: Das war schon ein bisschen ‚strange’ um 01.00Uhr morgens auf der Bühne zu stehen. Was lustig war, war das zu dem Zeitpunkt, keiner Onetwo kannte, aber als wir dann „messages” und „Dr Mabuse” spielten gingen dann auf einmal die Lichter beim Publikum auf. Ah das ist der von OMD und Sie von Propaganda. Ich fand das total toll wie die Leute auf unsere alten Songs reagiert haben und wir tolerant ihre Bereitschaft für das neue Material war. Ich bin schon so lange nicht mehr in Deutschland aufgetreten, für mich persönlich war das ein tolles Erlebnis.
Peter: Die neue CD kommt ja recht entspannt und ruhig daher. Zusammen mit Deiner Stimme möchte man an einem Sonntag im Winter auf dem Sofa entspannen. Gab es auch andere Songs? Wie kam es zu dieser Auswahl?
Claudia: Es ist auch ganz gut sich unsere Musik morgens um Zwei auf der Autobahn anzuhören. Unser Album ist eine Reise, die Songs sind die Ideen die sich in letzten Jahren so angesammelt haben. Unser Album ist einen Introduktion zu unserem Sound. Was auf dem nächsten Onetwo Album erscheint kann durchaus etwas ganz anderes sein. Deftiger, härter, minimalistisch oder bombastisch, filmischer, elektronischer … wer weiß? Wir gehen da ganz locker und spielerisch mit um.
Peter: Gibt es zwischen Dir und Paul eine Arbeitsteilung beim Schreiben der Songs?
Claudia: Paul ist viel für die Musik verantwortlich und ich schreibe Melodien und Texte. Wir basteln aber auch viel gemeinsam an Sound und Produktion. Es ist nicht so das Paul nur für die Musik und den Sound verantwortlich ist und ich die ganzen Melodien und texte schreibe, das ist eher ein hin und her werfen und austauschen von Ideen, bis wir beide mit dem Song zufrieden sind.
Peter: Woher beziehst Du die Ideen für die Lyrics. Gibt es Schriftsteller, die Dich beeinflussen oder schöpfst Du Deine Inspiration aus Alltagssituationen sowie biografischem.
Claudia: Das ist genauso wie Du es beschreibst. Ein bisschen von allem. Oft kann es sein das ich eine Phrase höre oder eine Zeile lese, wie z.b. in „Home (tonight)”. „I don’t think it makes much difference do you.” Aus dieser Zeile entstand das ganze Konzept für das Lied. Ich lese sehr viel und oft ist es so, das ein Satz ist der mir die Idee für ein Lied gibt. Continue »
Peter: Wie definierst du die Synthese aus den Einflüssen Eurer früheren Arbeit und wo spielen neue moderne Trends und Sounds eine Rolle?
Claudia: Ich finde das wir natürlich Referenzen zu unseren alten Bands machen, einfach schon aus dem Grund das sie Teil unserer musikalischen DNA sind. Aber Paul und ich wollten auch wirklich unsere eigene Gruppenidentität haben und es war uns wichtig uns nicht zu wiederholen, weil es das ja schon einmal gab und es wäre zu offensichtlich gewesen. Wenn Paul und ich uns hinsetzen und ein Lied schreiben geht es uns erst einmal um die Komposition selbst und wir denken nicht darüber nach ob das jetzt Trendy, oder Hip ist oder Zeitgenössisch. Paul’s Sound Library ist schon auf dem neuesten Stand der Dinge aber wir greifen auch oft auf die alten Analog Sounds zurück, weil sie einfach immer noch so fantastisch klingen.
Peter: Auf der CD ist mit „Have a cigar” eine Coverversion zu hören.
Claudia: Das Lied ist ein sehr zynisches Lied und erzählt vom großen Plattenfirmen Boss der dem Künstler Gott und die Welt verspricht. Das Lied wurde vor so vielen Jahren geschrieben ist aber immer noch so aktuell. Unsere Version ist ein nicht böse gemeinter Abzug über den Stand unserer Industrie.
Peter: Beim Songwriting von „Cloud 9" und „A Vision in the Sky” habt Ihr mit Martin Gore von Depeche Mode und Gary Lucas zwei prominente Musiker eingebunden. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit wie machen sich deren Einflüsse bei diesen Songs bemerkbar?
Claudia: Martin kenne ich schon seit vielen Jahren. Ich hatte angefangen an „Cloud Nine” zu arbeiten und Martin war zu dem Zeitpunkt in London und ich habe ihn einfach gefragt ob er mir beim schreiben aushelfen könnte, was er dann auch tat. Gary hat uns via Internet ein mail geschickt und uns mitgeteilt das er gerne etwas mit uns machen würde. Seine Gitarrenparts sind in dem Lied „weakness in me” zu hören und in dem Lied “vision in the sky”.
Peter: Warum kam es immer wieder zu einer erneuten Verzögerung bezüglich des Veröffentlichungstermins des Albums?
Claudia: Unsere Album war im Oktober fertig aber dann kam Weihnachten wo die großen Plattenfirmen big business machen. Unser Album wäre zu diesem Zeitpunkt einfach untergegangen und so haben unsere Presseleute uns dazu geraten mit der VÖ noch ein wenig zu warten. Der Künstler in mir war eher frustriert über diese Entscheidung , aber der Platten Firmenchef in mir wusste das es die richtige Entscheidung ist.
Peter: “Instead” wird, obwohl es Angebote von Mayor-Labels gab, von einem von Euch dafür gegründeten Label auf den Markt gebracht. Was hat Dich und Paul dazu bewegt?
Claudia: Um ehrlich zu sein, wir beide waren einfach desillusioniert mit den Mayor Labels und dem Zustand unserer Industrie. Man wird unter Vertrag genommen und wenn man nicht ein Mayor Act ist wird an dem Album vielleicht drei Wochen gearbeitet, wenn es dann nicht das erreicht was erwartet wird ist das Album zu Ende. Das wollten wir einfach nicht riskieren und so trafen wir die Entscheidung einen anderen Weg zu gehen und gründeten there(there) um zu sehen was wir selbst auf die Beine stellen können.
Peter: Dürfen wir uns im Anschluss an die Veröffentlichung von „Instead” auf eine Tour oder Auftritte auf Festivals freuen? Wie sind die weiteren Aussichten für Onetwo?
Claudia: Wir hoffen das wir Mitte April ein paar Shows in der UK spielen werden. Wir kommen aber auf jeden Fall nach Deutschland. Wir spielen am 27.04.07 in Krefeld, am 28.04.07 in Giessen [Anm. der Redaktion: wir werden exklusiv davon Berichten], sind am 29.04.07 in Berlin und am 30.04.07 in Rostock. Continue »
Vielen Dank für das Interview, wir wünschen Dir und Paul im Namen unserer Leser und von Darkmoments viel Erfolg für die CD und Eure künftige Karriere.
Interview geführt von Peter Reiser.
Homepage Künstler. http://www.theremusic.com