Instead
Auf ‚Instead’ musste man lange warten. Bereits Mitte 2004 kündigte die EP ‚Item’ das Album an, bis zur endgültigen Veröffentlichung vergingen dann aber — wer kann rechnen? — noch zweieinhalb Jahre. Claudia Brücken und Paul Humphreys, über deren musikalischen Werdegang bei Propaganda, OMD, Act und anderen Projekten nur noch erinnernd berichtet werden muss, haben mit ‚Instead’ ein straightes Pop-Album gestrickt.
Gerne hätte ich einen etwas electro-lastigeren Output gesehen, schließlich waren es die experimentelleren Stücke von OMD an die man sich gerne erinnert und auch die Kooperation mit Apoptygma Berzerk auf ‚Harmonizer’ stand Claudia äußerst gut zu Gesicht. Vielleicht waren es genau diese erhofften Erwartungen, die beim ersten Hören des Albums zu Irritationen führten. Keiner der Songs wirkte wirklich schlecht, es fehlte aber auch der Aha-Effekt. Ähnlich wie bei Claudias Solo-Album, was nun auch schon bereits ca. 16 Jahre zurückliegt, wachsen die Songs jedoch bei jedem Durchlauf im CD-Player. ‚Instead’ ist ein Album, das entdeckt werden will. Kleinigkeiten und unterschwellige Sounds bestimmen und formen das Gesamtbild und lassen das Erschaffene nach und nach zu einer überzeugenden Sache werden. Sehr relaxed mit opulenten James-Band-Intro ist Sequential ein gutes Beispiel dafür ähnlich wie auch ‚Heaven’, das noch einen Schritt konsequenter zum chillen auf hohem Niveau einlädt. In die gleiche Kerbe schlägt ‚Home (Tonight)’, das in den Strophen ein wenig an ‚First we Take Manhatten’ erinnert, dann jedoch auch in einen leicht fließenden Refrain übergeht. Über das mit einem gewissen Herrn Gore zusammen geschriebene ‚Cloud Nine’ braucht man nicht zu reden. Dieses hat sich bereits seit ‚Item’, auf dem übrigens die gleiche Version wie auf ‚Instead’ enthalten ist, zum neuzeitlichen Klassiker entwickelt. Anders bei ‚Signals’, das auf ‚Instead’ durch Änderungen im Intro weniger nach OMD und mehr nach Kraftwerk klingt. Referenzen auf die vier Herren aus Düsseldorf, zu denen sich Claudia und Paul öffentlich bekennen, kommen noch deutlicher bei ‚Kein Anschluss’ heraus, das sich in den Strophen kühl und elegant zeigt um im Refrain durch Claudias Vocals den Onetwo-typischen Charakter wieder zu finden.
Dass hier zwei Akteure mit langjähriger Erfahrung am Werk sind, ist leicht zu erkennen, und auch wenn man sich vielleicht etwas mehr musikalischen Wagemut für diese Veröffentlichung gewünscht hätte, kann man froh sein, dass es überhaupt im Dschungel der heutigen Musikproduktionen so etwas bodenständig Gutes wie ‚Instead’ gibt und wir Claudia Brücken ein ganzes Album lang singen hören dürfen. Orientiert man sich für zukünftige Veröffentlichungen eher an der äußerst gelungenen, produktionstechnisch ZTT-angehauchten Coverversion von Pink Floyds ‚Have a Cigar’ oder dem grandiosen SITD-Remix von ‚Kein Anschluss’ so kann Onetwo in Zukunft groß werden …
Live präsentieren sich Onetwo übrigens am 27.4. in Krefeld und am 28.4. in Giessen.