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Trümmer pflastern ihren weg

Die Karriere von Frankie goes to Hollywood begann im Januar 1984 mit einem Riesen-Knalleffekt. Eine englische Rundfunk-und Fernseh-gesellschaft verbannte einen Song von ihren Programmen. Weder die Platte noch das Video von „Relax” durfte über den Äther.

Der Grund waren anstößige Stellen im Text des Songs und eine deftige Sexorgie, die Holly Johnson (Gesang), Paul Rutherford (Gesang), Mark OToole (Baß), Peter Gill (Schlagzeug) und Brian Nash (Gitarre) zwischen zähnefletschenden Löwen und Riesenschlangen im Video feierten.

Bessere Werbung als den BBC-Bann hätte sich die wilde Truppe aus Liverpool für ihre Single kaum wünschen können. Nach wenigen Tagen war der Name des verbotenen Songs in aller Munde. Die Scheibe schoß wie eine Rakete auf Platz Eins der englischen Charts.

Das Frankie-Fieber breitete sich blitzartig in den Tanzschuppen von ganz Europa aus. Denn zu harter Text hin oder her — solche Rhythmuspower, wie die Band losmachte, hatte man seit langem nicht mehr gehört.

Gestartet wurde die Band 1982 vom ehemaligen Dressman Holly mit seinem damaligen Intim-Freund Paul. Die beiden hatten bereits eine LP unter dem Projektnamen Big in Japan aufgenommen, allerdings ohne jeden Erfolg.

Für Frankie holten sie sich die komplette Hardrock-Crew Brian, Mark und Peter, genannt The Lads, bekannt aus dem berüchtigten Liverpooler Club „Erics”. Anders als Holly und Paul sind die Lads nicht schwul, interessieren sich wenig für Kunstausstellungen, Literatur und andere Besonderheiten. Sie gehörten zur ganz harten Schiene, der Liverpooler Straßenszene. Ihre Interessen damals waren Mädchen, Bier und Fußball, sonst nichts. Für Hollys wilde Gesänge lieferten die Lads aber genau den richtigen Brutalo-Sound

Den überiangen Namen der Formation, den Holly einem Frank-Sinatra-Plakat in seiner Bude entlehnte, vergaß niemand.

Als die Presse sich um Frankie zu reißen begann, bekamen die Lads strengstes Interview-Verbot. Dafür posaunten Holly und Paul um so lauter in die Gegend daß sie schwul und im übrigen pervers seien.

Frankie hatten ihr Image als Skandalband schon weg, als im Mai 1984 die zweite Single „Two Tribes” erschien. Ihr Text machte Front gegen den Wahnsinn der Atomrüstung. Im Video wurde er durch einen ordinär-komischen Faustkampf untermalt — US-Präsident gegen UdSSR-Generalsekretär.

Doch Frankie produzierten nicht nur Skandale, sie brachten echte Leistung. Nach „Two Tribes” lieferten sie mit „Power of Love” ihre dritte Nr.-1-Single im November ‘84 ab.

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Die LP „Welcome to the Pleasuredome” knackte die Album-Charts. Gleichzeitig straften Frankie mit einer US Tour Gerüchte Lügen, die sagten, die Truppe könne in Wirklichkeit gar nicht spielen, ihre Songs seien Studio-Kunstprodukte.

Nach dem Erscheinen der Single „Welcome to the Pleasurdome” im März 1985 ist dann erst mal Sendepause. Die Jungs nehmen sich Zeit, ihren Erfolg zu verdauen und neue Hammersongs auszuhecken.

Das erste Lebenszeichen nach 14 Monaten Pause ist ein TV-Auftritt in Montreux, bei dem wieder mal eine. Bühnenanlage zu Bruch geht. Die Fetzen flogen auch im August bei „P.I.T.”. Da stellten Frankie ihren Fans ihre neue Single „Rage hard” vor und zerlegten dabei ihren Garderobe-Cara-Caravan …

Hannsjörg Riemann